Aus einem Kochbuch von 1542

Beim Lesen bitte beachten :
Ein Kürzel-Strich über einem Buchstaben bedeutet eine Wortendung, meistens "n", manchmal "d".
Derselbe Strich wird für Verdoppelungen verwendet, z.B. bei "erkennen".
Als Doppellaute finden wir a mit einem kleinen e darüber = ä und ein u mit einem kleinen o darüber = uo.
Außerdem gibt es ein u mit dem typischen u-Bogen, um den Buchstaben von n unterscheiden zu können.
Die Worte "und" und "unter" wurden noch mit "v" geschrieben.
Bei "ordenlich", "Natur" und "Herr" wird ein anderes r verwendet, als sonst.
Das kleine f und das lange s sehen sich sehr ähnlich.
Achtung, am Wortende steht ein rundes s (z.B. in "selbs").
Das kleine t ist leicht mit anderen Buchstaben zu verwechseln.


Von der Eehrlichen
zimlichen / auch erlaubten Wolust des
leibs / Sich inn essen / trincken / kurtzweil etc. allerlay vnnd man-
cherlay Creaturen vnnd gaabenn Gottes / Visch / Vögel / Wildpret / Frucht
der erden etc. mit Gott / allen eeren / auch gesundthait des menschens / mit dancksagung zu
gebrauchen mügen / von allen Weisen / Erbaren ond gelerten / besonders den Ärtz-
ten gerathen / zugelassen ond gestattet / fein ordenlich hie in v. bücher gesetzt / ge-
kocht / vnd auff den tisch fein lustig berait vnd auffgetragen wirt / Durch
den hochgelerten Philosophum vnd Oratorem / das ist weysesten
vnd beredtesten Herrn / Bap. Platinam von Cremona / vnder
Friderico III dem Römischen Kaiser gelebt / imm Jar 1481.
jetz jüngst grüntlich auß dem latein verteütscht / durch
M. Stephanum Vigilium Pacimontanum
Im Jar / M.D.XXXXII.

das soll bedeuten :
Dieses Buch handelt von der Wollust des Leibes,
die ehrlich ist, die sich ziemt (= gutes Benehmen ist) und erlaubt ist.
(Das Buch sagt) wie man beim essen, trinken und Zeitvertreib so manche Kreaturen (= Tiere) und Gaben Gottes,
(als da sind) Fische, Vögel, Wildbret, Früchte der Erde usw.,
gottesfürchtig, ehrenhaft, die Gesundheit beachtend, mit Dank verwenden sollte (= gebrauchen möge).
So wie es von allen ehrbaren und gelehrten weisen Leuten, besonders Ärzten, geraten und gestattet wird.
Es wurde in Bücher geschrieben, wie gekocht, zubereitet und aufgetragen wird.
(Verfaßt) durch den hochgelehrten Philosophen und Oratorem -das sind die weisesten und beredesten Herren-
Bap. (= Baptist ?) Platina von Cremona, der im Jahre 1481 unter dem römischen Kaiser Friedrich III gedient hat.
Jetzt neu gründlich vom lateinischen ins deutsche übersetzt durch Meister Stephan Vigilium Pacimontanum.
Im Jahre 1542.


Das erst Buoch. / Das aylffte Capitel / Von dem Kochen
MAn soll auch Köch und Köchin bestellen / die es lang getriben habenn /
vnd wol künden / die wol das feür / hitz ond arbait erleiden mügen / die da
geren hören jr lob der Kuchenmaisterrey / Sie sollen nichtt vnfletig / Co-
cus immundus sein / Sie sollen wol erkennen allerlai fleisch / fisch ond kreüter natur / kraft
vnd wircklichait / Was guot zu braten / was guod zu sieden / wz guot zu bachen sey / Sol-
lens am geschmack haben / was gesaltzen / zuvil oder zu wenig sey / Ein koch soll inn
allem gleich sein disem den der Fürst Novocomensium zu vnser zeit hett / davon ich
die guoten bißlen zuberaiten gelernet hab / Er soll an jhm selbs nicht ein schlecker sein
oder fresser wie Marisius Gallus / das er in der kuchen fressen wöl / das dem Herrn
auff den tisch gehört.


das soll bedeuten :
Das erste Buch / Das elfte Kapitel / Vom Kochen
Man sollte einen Koch oder eine Köchin einstellen, die es (diesen Beruf) schon lange betrieben haben.
Die sagen, daß sie das Feuer, die Hitze und die Arbeit (in der Hitze) ertragen können.
Die gerne ihr Lob über die Kochkunst hören lassen. Sie sollen nicht unflätig (schmutziger Koch) sein.
Sie sollen gut erkennen die Arten von Fleisch und Fisch, die Natur der Kräuter, ihre Würzkraft und Geschmack.
(Sie sollten wissen) was gut braten, was gut zu kochen und gut zu backen ist.
Sie sollten schmecken können, ob es (das Essen) zuviel oder zuwenig gesalzen ist.
Ein Koch sollte so sein, wie der Koch, den der Fürst Novocomensium zur Zeit hat, von dem ich die guten Bissen zuzubereiten gelernt habe.
Er (der Koch) sollte kein Schleckermaul oder ein Fresser sein, wie Marisius Gallus, der schon in der Küche essen möchte, was auf den Tisch seines Herrn gehört.


Aus "Von der Eehrlichen zimlichen auch erlaubten Wolust des leibs" des Bap. Platina von Cremona, 1481. Übersetzt 1542
Die Rezepte wurden umgeschrieben und getestet und unter dem Titel "Wie man eyn teutsches Mannsbild bey Kräfften hält"
1986 von H. Jürgen Fahrenkamp im Orbis Verlag, München, herausgegeben.
ISBN 3-572-00660-0 . Mit etlichen Bildern, 125 Seiten, wirklich zu empfehlen.


nächste Seite   Titelseite   eMail

next page   Start page Blackletters

Home   eMail